„Ois Chikago“: Helmut Dietl Ausstellung im Literaturhaus
Go where the action is! (Münchner Geschichten)
Baby Schimmerlos, Herbie Fried, Mona, Schneewittchen, Annette von Soettingen und Monaco Franze: Im Rahmen der „Langen Nacht der Museen“ war ich in der Ausstellung „Der ewige Stenz: Helmut Dietl und sein München“ im Münchner Literaturhaus. Die sehr liebevoll kuratierte große Retrospektive zu seinem Werk zeigt Briefe, u.a. von Helmut Fischer, der sich um eine Rolle bewarb, Notizbücher, Fotos von und mit dem „Erfinder des Schwabinger Lebensgefühls“, wie ihn Tanja Graf, Leiterin des Literaturhauses München nennt. Und natürlich viele Filmausschnitte, z.B. zu Themen wie „Die Frauen“, denn eines zieht sich als Konstante durch sein Leben – die Liebe zu seiner Mutter und zum anderen Geschlecht. Die Werkschau zeigt, wie sehr Leben, Filme und TV-Serien bei Dietl eins waren – die Realität inszenierte er wie eine rauschende Filmkulisse, seine Villen in Los Angeles und bei München gestaltete er wie prunkvolle Filmsets und in seinen charismatischen, unangepassten Figuren steckt immer ein wenig Dietl.
Wie im Literaturhaus hat das Publikum „Kir Royal“, „Münchner Geschichten“, „Monaco Franze – Der ewige Stenz“ und „Rossini“ noch nie gesehen: Vor großen Leinwänden ist die Szenerie eines Candlelight Dinners aufgebaut. Der Besucher startet den Ton des Headsets und sitzt am Tisch wie zu Gast bei einem exklusiven Galadinner. Links und rechts neben mir höre ich das Gelächter der anderen Besucher, Dialogfetzen werden auswendig mitgesprochen und es wird klar: Die Serien und Filme von Dietl sind ein Teil unseres Lebens. Der Münchner versteht die Figuren, findet sich in ihnen wieder, weil er entweder schon selbst Teil der Münchner Schickeria war (zumindest hin und wieder auf Partys, in die er aus Versehen reingerutscht ist oder auf einer Premiere, zu der er zufällig eingeladen war). Und weil er beim Film, in den Medien arbeitet oder einfach nur, weil er selbst ein „ewiger Stenz“ ist.
Helmut Dietls unveröffentlichtes Manuskript zu „Was ist aus ihnen geworden?“, gelesen von Martina Gedeck und Heiner Lauterbach, ist besonders anrührend. Gerne hätten wir die Verfilmung gesehen, zuhause bei Kerzenlicht mit einem Ensemble an besonders lieb gewonnenen Freunden, die natürlich alle Dietl-Fans sind.
Wer noch mehr über den 2015 verstorbenen Drehbuchautor und Regisseur erfahren möchte: „A bisserl was geht immer“ (der Name der ersten Folge der TV-Serie Monaco Franze) seine leider unvollendeten Lebenserinnerungen sind im September im Kiepenheuer & Witsch Verlag erschienen. Am Ende enthält die Autobiografie eine Nachbetrachtung seines engen Freundes Patrick Süskind, mit dem er u.a. das Drehbuch zu Rossini, Kir Royal und Monaco Franze – Der ewige Stenz verfasst hatte.
Einem der bedeutendsten deutschen Regisseure der Nachkriegszeit ging es im Film und im echten Leben vielleicht nicht immer um die Wirklichkeit, aber stets um die Wahrheit.