Der Corona-Spaziergang: Die Schrebergarten-Kolonie in Sendling-Westpark

Jeden Tag begebe ich mich auf eine (angesichts der aktuellen Corona-Krise surreale) kleine Runde durch meinen Mikrokosmos „Sendling-Westpark“: Der Grünstreifen am Eck unserer Straße ist mir schon sehr vertraut, mein Lieblingsbaum hat mich gefunden, und so habe ich meinen Spazier-Radius erweitert. Nicht, dass ich sie nicht schon gekannt hätte, die Schrebergärten im Westpark, aber ich habe sie neu für mich entdeckt und noch nie so genossen, durch sie hindurchzuschlendern. Einige der Schrebergärtner beobachten mich etwas misstrauisch und fragen sich sicherlich: Was macht die Frau, die unverhohlen über unsere Zäune guckt denn mit der Kamera in der Hand vor unserem Schrebergarten? Aber insgesamt ist die Atmosphäre sehr friedlich und man fühlt sich wie bei einem Kurzurlaub: Die kleinen Gartenparzellen reihen sich ordentlich aneinander, von biederen Gartenzwergen keine Spur, der Rasen ist ordentlich getrimmt und die ersten Salate sprießen schon aus der Erde. Schon längst sind Schrebergärten nichts mehr alleine für Rentner, viele junge Familien mieten sich einen und grillen mit ihren Freunden im kleinen Stückchen grün. Glücklich ist, wer es sich in Zeiten der Ausgangsbeschränkung auf einem Stück Natur gemütlich machen und die Sonne genießen kann. Im Schrebergarten im Westpark gibt es sogar eine Bienenzucht: Vier braune Holzkästen und ein lautes Summen verraten, dass hier gerade fleißig Honig  produziert wird.

Der Kleingartenverein SW 83 ist über hundert Jahre alt und wurde im Jahr 1919 gegründet. 1983 hatten die Schrebergärten einen großen, internationalen Auftritt: als Musterkleingartenanlage für die Gartenbauausstellung. Gartenarchitekt Bruno Leipacher preisgekrönter Entwurf mit den geschwungenen Wegen und die verschiedenen Laubentypen, entworfen von Studenten der TU München, machen den Schrebergarten so einzigartig.

Wer jetzt Lust auf den eigenen Schrebergarten bekommt: Der Andrang ist leider groß und ein Fördermitglied des Kleingartenverbandes muss mehrere Jahre auf einen Schrebergarten warten. Aktuell werden aber auch aufgrund der langen Wartezeiten keine mehr aufgenommen.

Ich schlendere zurück zu meiner Wohnung, freue mich über meinen Balkon  und habe eine Idee: Wenn schon kein Schrebergarten, dann könnten wir mit den Nachbarn Gemüse im kleinen Gemeinschaftsgarten hinter dem Haus anbauen. Die Ausgangsbeschränkung dauert weiter an, die Welt ist geschrumpft und wird doch um einiges reicher. Wie ein Zoom konzentriert sich der Blick auf die Möglichkeiten in unserer Nähe, und wir wundern uns, dass wir so manches bisher achtlos in der Eile des Alltags übersehen haben.

Bitte seid nicht irritiert, ich habe diverse Ideen für Beiträge, die ich aus zeitlichen Gründen nicht umsetzen konnte. Die Ausstellungen sind nicht mehr aktuell, in den Shops könnt ihr aktuell nicht einkaufen, trotzdem möchte ich die Erlebnisse mit euch gerne teilen.